Eine Farm auf dem südlichen Wendekreis
Ein Reisebericht
in 1 Peters und Andresas Farm El Roble
Dienstag, 23.11.2010 bis Samstag, 27.11.2010
Kurze Zeit später erreichten wir dann Concepcion, wo wir noch ein paar Getränke einkauften. Am Tag zuvor hatte ich nochmal Concepcion “gegoogelt” und war auf die Internetseite http://www.paraguay.ch/ von Peters kleiner Farm “El Roble” gestoßen. Aufgrund der Informationen auf seiner Seite schien dies genau die passende Unterkunft für uns zu sein. Kurzfristig entschlossen wir uns, nicht ein Hotel in Concepcion zu nehmen, sondern unsere Zelte 16 km außerhalb auf Peters Farm aufzuschlagen.
Gespannt folgten wir den Schildern und bogen auf diese letzte Zufahrt zu der Farm zwischen Teichen ein.
Auf den ersten Blick sah alles ein wenig chaotisch aus, aber nach wenigen Augenblicken wussten wir, dass wir hier genau richtig waren.
Neben Peter und seinen Kindern begrüßte uns Mimi, das zahme Capybara.
Mimi hat ständig Hunger und wir opferten unsere letzten Brotreserven, damit Mimi Männchen macht.
Trotz seiner riesigen Zähne kann man Mimi mit der Hand füttern ohne verletzt zu werden.
Mimi ist seit 3 Jahren auf der Farm und treibt sich in den Fischteichen oder bei den Schweinen herum. Zu Peters Leidwesen liegt Mimi mit Vorliebe mit den Schweinen im Schlamm, um danach schnurstracks in die Küche zu marschieren. Dann hilft immer nur eins: Mimi wird mit Brot zu den Fischteichen gelotst und Hannibal, Peters 8-jähriger Sohn, gibt Mimi einen kräftigen Tritt in den Hintern, sodass das Wasserschwein im Wasser landet. Tragischerweise habe sich Mimi vor kurzer Zeit in eine Sau verliebt und sei daraufhin von einem Eber so stark gebissen worden, dass man die Wunde noch sehen kann, erzählte Peter. Mimi ist nämlich kein Mädchen. ER wurde im Alter von wenigen Wochen von einem Indianer bei Peter “abgegeben” und dann mit der Flasche groß gezogen.
Den Namen Mimi erhielt er, weil man zu Anfang trotz eingehender Untersuchung nichts erkennen konnte… . Jetzt aber umso mehr!
Links im Bild ist Hannibal zu sehen. Die Kinder verstanden sich sofort super und unterhielten sich angeregt in der halboffenen Wohn-Essküche.
Andresa, Peters Frau, bereitete am ersten Abend Tilapias aus eigener Aufzucht zu. Ein Hochgenuss. Der Herd wurde von Brasilianern neu gebaut. Sie beherrschen die hohe Kunst des Holzofenbaus. Selbst Brot wird darin gebacken. Überhaupt wird auf der Farm weitestgehend alles selbst produziert: von der Milch, über die Butter, dem Käse, dem Brot, der Marmelade, dem Fleisch bis hin zum Fisch: alles aus eigener Produktion und super lecker!
Peter zeigte uns, wie man am besten das Fleisch von diesem doch sehr grätenreichen Fisch ablöst. Auch Philomena und Sabeth schmeckten die Fische so gut, dass sie einige von ihnen verdrückten.
Nach dem Abendessen untersuchten wir diese Leuchtkäfer (Glühwürmchen?) genauer. Wir hatten sie schon etliche Male an der Laguna del Ibera und an der Laguna Blanca nachts sehen dürfen, aber aus so kurzer Distanz hatte ich sie noch nicht gesehen.
Ich war erstaunt über die stattlichen Ausmaße.
Überhaupt schien es hier viele Tiere im XXL-Format zu geben. Leider kann man auf dem Foto aufgrund des fehlenden Größenvergleichs nicht die Ausmaße des Falters erkennen, aber er hatte eine Spannweite wie ein Spatz.
Auch dieser Nashornkäfer war so lang wie mein Daumen. Alles kroch und flog in den Abendstunden durch den offenen Wohn-Ess-Bereich.
Und auch diesen Kröten waren wir schon mehrfach begegnet. Durch Peters Tochter Amelie hat man einen guten Größenvergleich.
Die Kinder verstanden sich, wie gesagt, prächtig. An den Nachmittagen sah man sie teilweise mehrere Stunden nicht. Gertrud und ich unternahmen diverse Ausflüge zu Fuß in die nähere Umgebung. Davon mehr in den nächsten Berichten.
Peter und seine Frau haben die Farm mit einer Größe von 30 Hektar vor 13 Jahren erworben und zu Beginn lediglich Landwirtschaft betrieben und Vieh gehalten. Die Farm befindet sich ziemlich genau auf 23,5° südlicher Breite, also dem südlichen Wendekreis der Sonne. Hier steht die Sonne jedes Jahr am 21. Dezember im Zenit und schlanke Menschen werfen um 12 Uhr Mittag keinen Schatten.
Nach und nach machte Peter sein Hobby zum Beruf und baute eine Fischzucht auf. Aus diesem Teich hat er vor einigen Wochen 300 kg Tilapia durch das Ablassen des Wassers “geerntet” und eingefroren.
Da sich die Landwirtschaft auf den weniger ertragreichen Böden des Nordens nicht lohnt und die Größe der Farm (30 Hektar) keine extensive Viehhaltung zulässt, hat Peter in den letzten Jahren verstärkt auf die Einnahmequelle “Tourismus” gesetzt und Gästebungalows errichtet.
Das Grundstück lädt mit Pool, Hängematten und
einem überdachten Aufenthaltsbereich an vielen Plätzen zum Entspannen ein. Durch die abseits gelegene Lage kommen auch keine “ungebetenen Gäste” auf das Grundstück. Einen Schlüssel für unseren Bungalow gab es nicht.
Links ist ein großes aus Natursteinen gemauertes Aquarium zu sehen und weitere Aquarien sind auf dem Grundstück verteilt, in denen Peter Fische aus umliegenden Flüssen und Tümpeln hält. Viele davon hatte ich auch schon bei uns in Aquarien gesehen. Mit Mücken hatten wir trotz der vielen Teiche relativ wenig Probleme, weil Peter in den Teichen Guppies hält, die die Mückenlarven vertilgen. Einfach genial.
Bis zu Beginn des Jahres hatten Peter und seine Familie in zwei kleinen nebeneinander liegenden Hütten gewohnt. Die dringend notwendige Vergrößerung löste Peter in der Weise, dass er über die beiden Hütten eine weitere Etage und an die Seite den offenen Küchenbereich setzte.
Es gab noch weitere “Haustiere”: Toto, ein Brüllaffe.
Peter hatte ihn im Nachbarort Belen von einer “Kette” befreit, indem er seinem Vorbesitzer anbot ihn mit zu sich zu nehmen. Der Vorbesitzer hatte Toto als Baby gekauft und ihn, als er nicht mehr mit ihm klar kam, an die Kette gelegt. Bei Peter ist Toto morgens in einer großen Voliere und wird nach dem Mittagessen heraus gelassen.
Schon bei unserer Ankunft wussten wir, um welche Affenart es sich bei Toto handelt. Auf dem Grundstück lief eine Kettensäge und weil Toto Lärm hasst ,schrie er markerschütternd und aus Leibeskräften. Peters Kommentar: “Mit deinem Gebrüll hast du noch keinen einzigen Baum gerettet!” Zum Spaß stellte Peter in den nächsten Tagen den Staubsauger oder eine Flex an. Immer wieder das gleiche Spiel: Totos Kehlkopf blähte sich auf und er brüllte wie am Spieß.
Hier ist Toto auf dem Schoß von Peters ältestem Sohn Nestor. Toto ist 3 Jahre alt und hat auch schon einmal zugebissen, wenn er nicht gestreichelt werden wollte. Es wird sich zeigen, ob er auf Dauer auf der Farm bleiben kann.
Philomena und Sabeth gingen die Ideen bezüglich der Freizeitbeschäftigung nie aus. Sie (und auch wir ) liebten besonders das Fangenspielen mit lautem Gekreische während der Mittagspause.
Mungo aus Augsburg, schon zum vierten Mal zu Gast auf Peters Farm, wachte eines Morgens neben dieser Schlange auf.
Das Dach seiner Holzhütte ist nicht ganz dicht und mehrfach schon hatte er Schlangen verschiedener Größe, die nach Peters Aussage alle ungiftig waren (!), am Morgen neben seinem oder in seinem Bett vorgefunden. Bezaubernde Aussichten. Mungo nahm es bisher sportlich gelassen.
Am Mittwoch Abend gingen wir mit Peter noch Fische füttern. Er sagte uns, dass er bei der intensiven Fischzucht Trockenfutter zufüttern müsse, da die Teiche nicht genügend Futter böten.
Und wieder erblickte ich in der Ferne meinen Freund.
Ich weiß auch nicht, warum es mir diese übergroße Ratte so angetan hat.
Peter verfügt über ein riesiges Fachwissen, was die Fischzucht und überhaupt die Tier- und Pflanzenwelt in Paraguay angeht. Selbst die lateinischen Namen hatte er parat. Wir waren wirklich verblüfft.
Auf dem Rückweg zeigte er uns noch ein Nest hoch oben in einem Baum, das wir ohne ihn gar nicht bemerkt hätten.
Pünktlich zum Sonnenuntergang strömten Tausende von Spinnen heraus, um das Netz weiter zu weben. Ich fasste einen Faden an. Er war fast so elastisch und doch belastbar wie Nylon.
Peter zeigte uns noch weitere Nester auf seiner Farm. Die Spinnen fangen ihm mittlerweile so viele Insekten weg, dass die Frösche ein stark vermindertes Nahrungsangebot haben. Peter denkt ernsthaft darüber nach, einige Spinnennester abzufackeln.
So, das war der Bericht über die Farm El Roble, unseren Ausgangspunkt für Ausflüge in die nähere Umgebung. Über diese berichte ich dann in den folgenden Tagen.
Liebe Grüße aus den Tropen (denn mittlerweile sind wir bei den Mennoniten auf 22° südlicher Breite und somit nördlich des südlichen Wendekreises).
Euer Thomas